Julia und ihre Freibergerstute Rosi sind ein Dreamteam. Gemeinsam gehen sie durch dick und dünn. Auch, wenn es mal brenzliger wird, beim Ausritt der Radfahrer plötzlich um die Ecke geschossen kommt oder der Wind eine Plastiktüte über das Feld weht, bleibt Rosi cool. Sie orientiert sich an ihrem Menschen und fragt nach, was zu tun ist, statt blind und panisch die Flucht zu ergreifen. Dank dem Gelassenheitstraining mit ihrem Pferd, staunen nun ihre Freundinnen.
Julia erklärt ihnen immer wieder, warum ihre Stute so ein gelassener und sicherer Partner ist. Weil sie Vertrauen hat. Und zwar gleich doppelt.
Zum einen braucht das Pferd Vertrauen in uns Menschen. Darin, dass wir gute Entscheidungen in seinem Sinne treffen und es sich auf uns verlassen kann. Außerdem braucht es Vertrauen in sich selbst. Das Wissen, dass es auch gruselige Situationen eigenständig bewältigen kann.
Gelassenheitstraining, Schreck- oder Anti-Schrecktraining bietet sich geradezu an, beide dieser Pfade abzudecken. Richtig angegangen, hilft es dem Pferd, Vertrauen zu finden – in uns Menschen und in sich selbst. Klar, dass Julia und Rosi Experten darin sind.
Schrecktraining
Schrecktraining kann passiv und aktiv sein. Wir können unser Pferd zum Beispiel auf einen Reiz wie die knallende Peitsche abhärten und desensibilisieren. Dabei üben wir als Menschen aktiv den Reiz aus und helfen dem Pferd, seine Toleranzschwelle anzuheben. Oder das Pferd übernimmt den aktiven Part, indem wir uns gemeinsam an gruselige Hindernisse wie eine Plane auf dem Boden oder einen Flattervorhang herantasten und das Pferd experimentieren, erkunden und untersuchen lassen.
Gelassenheitstraining zusammen mit deinem Pferd
Wenn du Gelassenheitstraining mit deinem Pferd machen möchtest, dann empfehlen wir dir dafür ein gut sitzendes Halfter und ein etwas längeres, griffiges Rope. Es ist nämlich durchaus möglich, dass sich das Pferd doch erschreckt und wegspringt – mit dem längeren Seil bietest du ihm dann den Bewegungsfreiraum, den es braucht, um schnell wieder gelassen zu werden.
Unser Ausrüstungs-Tipp für euer Gelassenheitstraining:
- Tauwerk-Halfter mit anatomischen Genickstück und flachem Karabiner zur Schonung des Kaumuskels
- 4m oder 6m Bodenarbeitsseil in einer griffigen Dicke von 11mm und einem robusten Edelstahl-Karabiner
Anti-Schrecktraining
Pferde können Angst vor ganz unterschiedlichen Dingen entwickeln. Ganz allgemein lassen sich diese aber in Kategorien einteilen: Optik, Geräusche, Berührung und Schnelligkeit/ Energie. Ein Pferd kann sich also erschrecken, weil es etwas sieht, hört, von etwas berührt wird oder weil es die Geschwindigkeit eines Reizes unter Spannung setzt.
Wichtig bei einem Anti-Schrecktraining ist es deswegen, all diese Reize tatsächlich abzudecken und herauszufinden, welche für das Pferd besonders gruselig sind. Natürlich ist es oft auch die Kombination, die für ein Pferd zur Herausforderung werden kann.
Gelassenheitstraining bereitet unser Pferd auf externe Reize vor, die wir nicht immer kontrollieren können. Es hat aber nicht den Anspruch, es auf alle Umweltreize vollständig abzuhärten. Das können wir gar nicht leisten – und hier greift dann auch das Vertrauen in den Menschen: Wenn das Pferd selbst unsicher ist, wird es sich uns zuwenden und um Hilfe fragen, und sich leichter überzeugen lassen, dass es mit uns in Sicherheit ist.
Klassische Hindernisse für ein Gelassenheitstraining mit Pferd sind:
- Der Flattervorhang
- Die Plastikplane auf dem Boden
- Der Rappelsack (ein Beutel gefüllt mit klappernden Dosen)
- Ein Stangenviereck gefüllt mit Plastikflaschen und Knisterfolien
- Eine Furt (ein Wasserhindernis)
- Ein Engpass, vielleicht sogar mit einem niedrigen Dach, oder ein Hänger
- Ein großer Gymnastikball oder Luftballons
- Eine Fahne oder Flagge mit viel Stoff
- Gassen, Tore und Bögen mit bunten Schwimmnudeln
Du kannst den Parcours mit Geschicklichkeitshindernissen wie einem Stangen-L für Seitwärts und Rückwärts oder kleinen Cavaletti-Hüpfern noch spannender und abwechslungsreicher gestalten. Wichtig: Achte darauf, dass der Parcours und die Hindernisse Pferdesicher sind. Das bedeutet, dass gerade, wenn sich das Pferd erschreckt, es nirgendwo hängen bleiben kann oder sich gar in einem Ständer verheddert und ihn mitzieht. Das macht nicht nur die Wirkung des Trainings zunichte, sondern bietet darüber hinaus eine große Verletzungsgefahr für Pferd und Mensch.
Im nächsten Beitrag unserer kleinen Serie zum Thema Gelassenheitstraining erklären wir dir, wie du konkret vorgehen und deinem Pferd die Angst vor Gegenständen wie dem Ball oder dem Flattervorhang nehmen kannst.
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Blog-Beitrag von Nadja Müller