Erfolgreiches Gelassenheitstraining – Teil 1

Pferd  beim Gelassenheitstraining

Mit diesen Tipps entspannst du dein Pferd.

Ein schusssicheres Pferd, das entspannt mit uns durchs Leben geht und trotzdem nicht abgestumpft alle Außenreize ignoriert: So stellen wir uns den perfekten pferdigen Partner vor. Ein erfolgreiches Gelassenheitstraining ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Gelassenheitstraining bringt uns diesem Ziel ein ganzes Stück näher. Anhand von gruseligen Gegenständen können wir unserem Pferd nicht nur beweisen, dass es uns vertrauen kann, weil wir es nicht in Gefahr bringen. Wir stärken auch sein eigenes Selbstbewusstsein, wenn es lernt mit Situationen souverän umzugehen.

Damit das Training ein Erfolg wird, solltest du zum einen mit einem gut passenden Halfter und einem längeren Seil, keinem Führstrick, arbeiten. So hat dein Pferd mehr Bewegungsfreiheit, wenn es das Gefühl hat, laufen zu müssen.  

Unser Ausrüstungs-Tipp für euer Gelassenheitstraining: 

  • Tauwerk-Halfter mit anatomischen Genickstück und flachem Karabiner zur Schonung des Kaumuskels
  • 4m oder 6m Bodenarbeitsseil in einer griffigen Dicke von 11mm und einem robusten Edelstahl-Karabiner

Außerdem haben wir drei vielleicht sogar etwas ungewöhnliche Tipps für dich.

Nur Toleranz oder echte Entspannung?

Es ist eine Sache, dem Pferd beizubringen, etwas auszuhalten. Und eine ganz andere, ihm zu erklären, dass es sich entspannen kann und keine Angst haben muss. Ein guter Test, ob dein Pferd einen Reiz einfach nur erträgt oder ihn ok findet, ist folgender: Lass es dabei seine Füße bewegen. Wenn du es zum Beispiel mit einer Plastiktüte am Gertenende abreiben willst, dann frage das nicht nur im Stand ab, sondern auch, wenn dein Pferd Schritt geht und trabt.

In der Bewegung zeigt es sich viel deutlicher, wie es deinem Pferd tatsächlich geht mit dem gruseligen Reiz. Im Stand könnte es einfach festfrieren und den Reiz ausblenden, indem es sich mental herauszoomt. Man könnte dann glauben, alles ist in Ordnung, obwohl es das nicht ist. Berührst du dein Pferd dagegen in der Bewegung mit der Tüte, wird es entweder mit starrem Blick stehen bleiben oder schneller werden, wenn es seine Skepsis noch nicht abgelegt hat.

Ziel ist es, dass es einfach im gleichen Rhythmus, Takt und Tempo unbeirrt weitergehen kann. Diese Variante hat auch den Charme, dass das Pferd nicht lernt, mental an einen anderen Ort zu gehen, wenn es Angst haben sollte.

Passe dich dem Tempo deines Pferdes an

Ein Pferd fühlt sich dann am wohlsten, wenn es eine Aufgabe und erst recht eine Herausforderung in seinem Tempo angehen kann. Viele Pferde lassen sich von der Ungeduld des Menschen treiben, gehorchen und tun, was von ihnen verlangt wird: Sie gehen in den Hänger, obwohl sie skeptisch sind, sie queren die Pfütze oder steigen auf die Plane. Lässt man sie aber ihr eigenes Tempo dabei gehen, kommt man schneller und stressfreier zum Ziel.

Wie findet man heraus, wie neugierig und mutig unser eigenes Pferd ist? Man präsentiert ihm einen Reiz, ohne selbst Einfluss zu nehmen. Das geht am besten, indem man eine gruselige Plane oder einen gefährlichen Pappkarton auf die Koppel trägt oder in den Laufhof legt. Oder auf den Paddock, wenn dieser nicht zu klein ist. Das Pferd muss sich nämlich zurückziehen können. Dann stellt man sich an den Zaun und beobachtet. Welches Pferd kommt zuerst? Wer traut sich am schnellsten ran? Wer hält sich im Hintergrund? Eine solche Session kann ganz deutlich aufzeigen, wie das eigene Pferd tickt und wie es unbeeinflusst von uns mit potenziell gruseligen Dingen umgeht. Daran können wir uns dann in den gemeinsamen Einheiten orientieren. 

Beschwichtigungssignale beachten

Pferde zeigen uns, wenn sie überfordert sind, mehr Zeit brauchen und bitten uns um Geduld. Es gibt drei dieser zentralen Beschwichtigungssignale, die wir kennen und beachten sollten: Das Pferd wendet den Kopf ab und schaut weg, so dass man das Weiße im Auge sieht. Dein Pferd kratzt sich mit dem Kopf an einem ausgestellten Vorderbein. Es beißt nach Fliegen an der Schulter (und zwar immer auf einer Seite). Für sich genommen, können diese drei Verhaltensweisen natürlich auch bedeuten, dass das Pferd gerade etwas Interessantes sieht und deswegen den Kopf dreht, oder dass ihn tatsächlich die Haut am Bein juckt oder eine Fliege kitzelt.

Wiederholen sich diese Verhaltensweisen aber innerhalb von einer Session, dann handelt es sich höchst wahrscheinlich um Beschwichtigungssignale. Für uns Menschen bedeutet das, einfach etwas langsamer zu machen, weniger zu fordern, den Druck zu reduzieren und zu warten, bis das Pferd bereit ist. Gerade, wenn sich ein Pferd von etwas Gruseligem abwendet und es nicht mehr anschauen kann, und wir ihm erlauben, ein Stück wegzugehen und durchzuatmen, dann erhöhen wir die Bereitschaft des Pferdes, es noch einmal zu versuchen. Und noch wichtiger: Wir stärken sein Vertrauen in uns, weil wir uns empathisch und aufmerksam gezeigt haben, was Pferde sehr schätzen.


Blog-Beitrag von Nadja Müller

 
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