Reiten im Damensattel Teil 1

Das Reiten im Damensattel: ein Stück Geschichte in der Gegenwart.

Das Reiten im Damensattel ist eine unglaublich schöne und elegante Art der Reiterei mit einer langen und interessanten Geschichte. Heutzutage ist es aber nur noch ein kleiner Kreis, der sich überhaupt für diese Art der Reiterei interessiert. In Zeiten der Emanzipation finden es viele eher ungewöhnlich, freiwillig in den Damensattel zu steigen und man stößt nicht nur auf Verständnis und Begeisterung. Vorurteile und Irrtümer rund um den Damensattel sind weit verbreitet, gerade was die Gesundheit von Pferd und Reiterin angeht. Dabei gibt es gute Gründe dieses Stück Kulturgut zu fördern und zu erhalten! Im ersten Teil geben wir dir einige grundsätzliche Infos zum Reiten im Damensattel und werfen einen Blick auf die historische Geschichte.

Eine schräge Sache?

Gibt man einer Reiterin, die zum ersten Mal im Damensattel Platz nimmt, keine genauen Anweisungen, setzt sich fast jede Dame schräg in den Sattel und nicht mit ihrer Hüfte parallel zum Pferd, so wie es sein sollte. Dies zeigt, dass die meisten Reiterinnen denken, dass man wirklich seitlich auf dem Pferd im Damensattel sitzt. Schaut man sich die historische Entwicklung des Damensattels einmal genauer an, wird man feststellen, dass diese Zeiten schon lange vorbei sind, wo man quer im Sattel saß. Der Aufbau von Damensätteln, und auch die Art und Weise der Damen sich auf dem Pferd fortzubewegen, hat sich in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder verändert und weiterentwickelt. Nicht zuletzt auch, um die Bequemlichkeit und Sicherheit der Reiterin zu verbessern.

Kleine Zeitreise

Starten wir also mit einer kleinen Zeitreise durch die Damensattelreiterei, um einen besseren Einblick zu bekommen. Erste Abbildungen finden sich schon in der Antike. Hier saß Frau auf dem nackten Pferderücken, einer Decke oder einem Kissen. Es diente aber nur als Transportmittel, die Reiterin hatte keine Kontrolle und wurde deshalb geführt.
Im Mittelalter wurden dann die ersten Quersättel entwickelt. Dieser hatte eine Rückenlehne, einen Sattelknauf, einen Sattelbaum, ein Fußbrett und die Polsterung war meistens aus Stroh. Man ritt nur im Schritt, Tölt oder Pass, meist auf bequemen Zeltern (Gangpferde).
In der Renaissance Zeit wurden die Sättel weiterentwickelt. So wollte z.B. die Königin von Frankreich auch an der Jagd teilnehmen und es entstand der Gabelsattel. Hierbei wurde das rechte Bein über eine Gabel gelegt und es gab oftmals noch eine zweite Gabel, oberhalb vom rechten Bein, für mehr Halt. Das Fußbrett wurde durch die ersten Pantoffelsteigbügel ersetzt.

In der Barockzeit (18. Jhd.) war das Reiten dem Adel vorbehalten. Es entstanden die ersten Quadrillen und Karussells bei Hofe. Im 19 Jhd. wurde das Reiten im Damensattel durch die Französische Revolution auch für wohlhabende Bürger als Freizeitvergnügen möglich. Besonders in Frankreich, England und Deutschland war das Damensattelreiten sehr beliebt.
Es wurde viel an der Sicherheit der Sättel gearbeitet. Steigbügel, Steigbügelaufhängungen, Passform und Sattelbäume wurden verbessert. Kaiserin Sissi beeinflusste maßgeblich das Reiten im Damensattel. Sie ritt liebend gerne zur Jagd und ihr Vater war sehr bemüht um ihre Sicherheit. Er soll auch die ersten nach rechts zu sitzenden Damensättel entwickelt haben.
Auch im Zirkus wurde das Reiten im Damensattel immer beliebter. Therese Renz wurde durch ihre spektakulären Auftritte bekannt und sie unterrichtete auch Kaiserin Sissi. Anfang des 20.Jhd. gab es die ersten Turniere im Damensattel, bis erste Diskussionen über die Sicherheit und Gesundheit aufkamen. Ein Ende fand das Damensattelreiten zunächst wegen des 2.Weltkrieges.

Heutzutage wächst das Interesse am Reiten im Damensattel wieder. Überall auf der Welt finden sich Freunde und Interessierte und es gibt viele Vereine und Gemeinschaften, wo man Hilfe bekommen kann.

Total gefährlich?

Sicherlich stockte damals so manchem Zuschauer der Atem, wenn man Sissi bei der Jagd zusah. Zu Recht, denn ungefährlich war das natürlich nicht. Auch heute gibt es in England noch eine aktive Damensattelreiterinnen Szene, die regelmäßig zur Jagd geht und erstaunlich hohe Hindernisse überwindet. Ehrlicherweise sollte man aber dazu sagen, dass diese Form der Reiterei auch im Herrensattel riskant ist. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass damals wie auch heute, die Reiterinnen und Pferde eine gründliche Ausbildung durchlaufen haben, bevor sie sich an so riskante Manöver wagten. Grundsätzlich ist man durch die beiden Hörner im Damensattel sehr festgeklemmt und die Gefahr ist größer, bei einem Sturz nicht aus dem Sattel weg zu kommen oder aber, wenn man ein Kostüm trägt, sich im Rock zu verfangen.

Tipp:
Trage im Damensattel keine geschlossenen Röcke, sondern nur eine so genannten Sicherheitsschürze. Hierbei werden zwar die Beine und der hintere Teil des Gesäßes bedeckt, aber alles an unnötigem Stoff wird weggelassen. Im Training reichen gut passende Reithosen, Helm und Handschuhe völlig aus.

Ungesund für die Dame?

Bereits in der Historie schieden sich die Geister, ob das Reiten im Seitsitz für die Dame gesundheitsfördernd oder schädlich ist. Im 20. Jahrhundert entfachten heftige Diskussionen. Es wurde behauptet, dass es einer Frau anatomisch nicht möglich sei, im Spreizsitz auf dem Pferd zu sitzen. Außerdem wurde die Meinung vertreten, dass es für sie dauerhaft ungesund sei, im Herrensattel zu sitzen. Desweiteren fanden Befürworter, dass ausschließlich eine Dame im Damensattel attraktiv sei. Im Gegenzug gab es natürlich auch schon um die Jahrhundertwende Frauen, die strikt gegen das Reiten im Damensattel waren. Heutzutage weiß man, dass diese Art der Reiterei nicht gesundheitsschädlich ist, wenn man sie richtig ausführt.

Tipp:
Der Seitsitz wird auch in der Reittherapie eingesetzt und ist für viele Menschen mit Behinderung, die ihre Beine weniger spreizen können, eine wunderbare Möglichkeit nicht aufs Reiten verzichten zu müssen. Im Parasport zeigen diese Reiterinnen großartige Leistungen!

Ist das pferdefreundlich?

Viele Reiterinnen haben Sorge, dass ein Damensattel ihrem Pferd schaden könnte. Sie haben Angst, dass die Druckverteilung ungleich ist und ein Pferd schief machen könnte. Ist ein Damensattel perfekt angepasst, besteht jedoch keinerlei Grund zur Sorge. Wie bei jedem anderen Sattel auch, sollte es selbstverständlich sein, den kompetenten Rat eines Sattlers zu suchen, der sich mit Damensätteln gut auskennt. Pferde mit Rückenproblemen sind für den Damensattel nicht geeignet. Auch die Rückenlänge des Pferdes ist ein wichtiger Punkt. Der Damensattel muss nicht nur hierfür passend sein, sondern auch für die Oberschenkellänge der Reiterin. Dies kann gerade bei Pferden mit kurzem Rücken und Reiterinnen mit sehr langen Beinen ein Problem bei der Sattelsuche werden.

Tipp:
Damensättel werden absichtlich sehr dick gepolstert, da durch die Dysbalance im Seitsitz der Druck nicht nur von oben kommt und der Sattel stärker belastet wird. Gerade bei neuen Sätteln setzt sich die Polsterung in der ersten Zeit enorm. Es empfiehlt sich einen Damensattel bei normaler Beanspruchung alles halbe Jahr kontrollieren und gegebenenfalls nachpolstern zu lassen.

Los geht´s

Grundsätzlich entscheidet sich bereits beim ersten Probesitzen im Damensattel schon, ob diese Art der Reiterei etwas für dich sein könnte oder nicht. Die meisten Reiterinnen sind erstaunt, wie viel Halt man durch die Hörner hat und wie gut Sitz, Balance und Gleichgewicht gefördert werden. Außerdem hast du mit Hilfe des Damensattels einen bewussten Verzicht von Hilfen beim Reiten, was nicht nur eine wirklich spannende Erfahrung sein kann, sondern auch eine Überprüfung von dem, was du dir schon mit deinem Pferd erarbeitet hast und wie gut eure Beziehung gestärkt ist.

Hast du auch Lust bekommen das Reiten im Seitsitz einmal auszuprobieren? Im 2.Teil erfährst du alles über die Grundvoraussetzungen, die Sattelsuche, den Sitz und die Hilfengebung!

 

Blog-Beitrag von Andrea Blochwitz

 
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