Reiten mit der Garrocha – Teil 1

Das Reiten mit der Garrocha ist Herausforderung und Abwechslung für Pferd und Reiter.

Du suchst noch nach neuen Ideen für den Trainingsalltag mit deinem Pferd? Wie wäre es zur Abwechslung mal mit etwas Arbeit mit der Garrocha? Diese ist eine hervorragende Überprüfung, wie gut du dein Pferd in der einhändigen Zügelführung reiten kannst, fördert Geschick und motiviert deinen Vierbeiner mit dir noch besser als Team zusammen zu arbeiten. Wir erklären dir, wie der Einstieg in die Arbeit mit der Garrocha möglichst gut gelingt und worauf du achten solltest.

Herkunft der Garrocha

In Deutschland war die Arbeit mit der Garrocha lange Zeit noch völlig unbekannt, dabei liegen die Wurzeln hierfür schon Ende des 17.Jahrhunderts. Die Garrocha ist das typische Arbeitsgerät der spanischen Vaqueros (Rinderhirten). Aber auch in Portugal und Frankreich nutzt man die lange Holzstange zum Treiben und Selektieren der Stiere. Vor allem die heranwachsenden Kampfstiere werden mit der Garrocha dirigiert und auch zu Boden geworfen. Aus diesem Grund befindet sich auch an der einen Seite der Garrocha eine Spitze, die manchmal auch aus Metall ist. Diese Spitze würde ein Vaquero niemals durch den Dreck ziehen, um ein Infektionsrisiko für die Stiere zu vermeiden. Die Arbeit mit den Stieren ist nicht gerade ungefährlich und die Garrocha ein gutes Hilfsmittel, um Abstand zwischen Pferd und Stier zu bewahren. Ein wendiges, nervenstarkes und sehr aufmerksames Pferd, was sich gut versammeln kann und auf minimale Hilfen reagiert, ist hier wie eine Lebensversicherung.

Der Showaspekt

Neben dieser traditionellen Variante wird die Arbeit mit der Garrocha inzwischen auch immer mehr in der Showreiterei eingesetzt. Hier wird die Spitze der Garrocha durchaus durch den Sand gezogen oder um die Spitze herum gekreiselt. Auf geschickte Art und Weise werden Handwechsel und Pirouetten unter der Stange mit eingebaut, aber auch Seitengänge, Rückwärtsrichten, der Spanischen Schritt oder die Piaffe. Manchmal setzt man auch Feuer ein oder aber es mit Halsring mit Garrocha geritten.

Material- und Modellwahl

Für was für eine Garrocha man sich entscheidet ist „Geschmackssache“, einige wichtige Kriterien sollten aber immer erfüllt werde. Sie sollte 3 bis 4cm dick und 3,20 bis 3,80m lang sein. Es gibt sie aus unterschiedlichstem Holz oder auch Fieberglas. Die Dicke und Schwere spielt eine entscheidende Rolle und macht beim Reiten einen großen Unterschied. Ist die Stange leicht und dünn, kann sie schnell aufgenommen und wieder abgesetzt werden, was es einen am Anfang im Training leichter macht. Auch wenn man bei uns in der Regel später nicht mit der Garrocha am Rind arbeiten will, sollte man ruhig irgendwann auf ein massiveres Modell umsteigen. Durch ein erhöhtes Gewicht hat man mehr Stabilität und es ist leichter, dass die Stangenspitze im Sand an einem Punkt bleibt. Außerdem liegt sie auch ruhiger auf der Schulter, wenn man sie aufnimmt. Mit etwas Geschick kann man sich eine Garrocha durchaus selbst bauen. Hierfür benötigt man zwei Holzstangen, die auf die passende Länge gesägt werden und mit einem Verbindungsstück verbunden werden. An einer Seite schleift man dann die Spitze.
Tipp:
Man kann an der anderen Seite eine kleine Rille einarbeiten, damit die Garrocha einen nicht so schnell aus der Hand rutscht. Diese kann man während der Arbeit erfühlen und es hilft die Stange nicht so schnell zu verlieren!

Gute Rahmenbedingungen

Zu Beginn sollte das Training in der Halle oder auf einem eingezäunten Platz stattfinden. Der Boden sollte nicht zu tief und trittfest sein. Aus Sicherheitsgründen ist es hilfreich, wenn erst einmal kein anderen Pferd- Reiter- Paare mit in der Bahn ist, auf das man Rücksicht nehmen muss.

Voraussetzungen für das Reiten mit der Garrocha

Dein Pferd sollte soweit ausgebildet sein, dass du es problemlos in allen drei Grundgangarten einhändig reiten kannst. Außerdem ist es hilfreich, wenn es gut auf die Gewichts- und Schenkelhilfen reagiert und offen für neue Aufgaben ist. Es sollte mit Sattel oder Pad ausgestattet sein und mit dem Gebiss, was es kennt. Auch mit gebissloser Zäumung kannst du mit der Garrocha arbeiten. Jedoch sollte man nicht gleich mit Halsring starten. Aus Sicherheitsgründen solltest du ein langärmliges Oberteil tragen, damit deine Arme vor der Holzstange etwas geschützt sind. Handschuhe sind bei der herkömmlichen Garrochaarbeit unüblich, schützen aber auf jeden Fall deine Hände. Auch ein Helm ist vielleicht nicht stielmäßig, sollte aber im Training nie fehlen, denn zu Beginn kann es schnell passieren, dass man im Eifer des Gefechts die Stange gegen den Kopf bekommen.

Gewöhnung an die Garrocha

Pferde reagieren sehr unterschiedlich auf die lange Holzstange. Einige sind etwas skeptisch oder sogar ängstlich. Gerade diese Pferde dürfen das ungewohnte Utensil in Ruhe anschauen und beschnuppern. Dann berührt man mit der Garrocha den Hals und die Schultern. Auch kann man die Stange einfach an das Pferd anlehnen. Schnell werden sich die ersten Unsicherheiten geben und man kann die Garrocha aufnehmen. Manche Pferde reagieren aber auch sehr selbstbewusst auf die Stange und wollen sogar reinbeißen. Die Meisten beschnuppern zwar die Garrocha interessiert, sind davon aber völlig unbeeindruckt.
Tipp:
Tue am besten so, als wäre die Garrocha nichts Besonderes und du würdest jeden Tag damit reiten. So kommt dein Pferd gar nicht erst auf die Idee, dass es sich hier um irgendetwas Aufregendes handelt!

Ober- und Untergriff

Genau genommen gibt es nur zwei Griffe mit denen du die Garrocha halten und führen kannst: Den Ober- und den Untergriff. Beim Obergriff, liegt deine Hand, wie der Name schon sagt, oben auf der Stange und du umfasst mit den Fingern die Stange. Beim Untergriff ist sie logischerweise unter der Stange und dann wird die Stange umfasst. Traditionellerweise werden die Zügel in der linken Hand geführt und das Arbeitsgerät in der rechten Hand. Dementsprechend wird die Garrocha auf der rechten Hand immer im Untergriff und auf der linken Hand im Obergriff gehalten. Wichtig ist außerdem, dass immer die ganze Hand die Garrocha umschließt, ansonsten können einzelne Finger schnell umknicken und verletzt werden. Außerdem sollte man sich nicht mit den Fingern an der Garrocha festklammern, sondern sie nur leicht umschließen, damit sie gut durch die Hand gleiten kann.
Tipp:
Die Arbeit mit der Garrocha ist eigentlich „selbsterklärend“. Wenn du merkst, dass die Garrocha nicht richtig durch die Hand gleitet: Einfach umfassen und den Griff wechseln!

Untergriff (links) und Obergriff (rechts)

Wie die ersten Schritte mit der Garrocha beim Reiten aussehen, erfahrt ihr im zweiten Teil.

 

Blog-Beitrag von Andrea Blochwitz

 
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